Was uns der Anschuss alles verrät . . .





Den Anschuss des beschossenen Stück Wildes zu finden, zu kontrollieren und diesen auch
richtig anzusprechen ist nicht einfach. Vor diesem Problem standen schon viele
Generationen von Jägern und Schweißhundeführern vor uns und es  hat sich trotz
modernster Technik bei der Jagdausübung bis heute nicht geändert.


Der Beginn einer Nachsuche ist fast immer der Punkt, wo das Projektil aus unserer Jagdwaffe
auf den Wildkörper trifft (Ausnahmen sind Verkehrsunfälle bzw. Wildfolge-Nachsuchen).

Diesen Anschuss richtig zu lesen und zu interpretieren ist die halbe Miete für die anstehende
Fährtenarbeit. Dabei ist es für den Nachsuchenführer extrem wichtig, das der  „Tatort“ nicht
verändert oder zertrampelt wird. Leider ist dies aber eher die Regel als die Ausnahme.
Der Schütze gefährdet durch dieses Handeln unbewusst den Erfolg der Nachsuche und legt
für den Schweißhund zahlreiche geruchsgleiche Verleitfährten, da er die für uns
„unsichtbaren“ Pirschzeichen konsequent in Wald und Flur verteilt. Nur ein
hochkonzentrierter geübter Fährtenarbeiter entschlüsselt dass entstandene
Geruchswirrwarr.






Mehr zum Thema finden Sie in der Rubrik :
"Das Verhalten nach dem Schuss"











Steckschuss mit einem deutlich unterdimensionierten Kaliber auf einem Überläufer . . .


Der Hundeführer erhält am Anschuss die wichtigen Informationen, welche die  Grundlage
für sein späteres Handeln bei der anstehenden Nachsuche sind (z.B. Wann schnalle ich
den Schweißhund? Arbeite ich mit einem zusätzlichen Loshund ?) und vieles mehr.



 . . . 5mm Einschuss mit minimalem Schweißaustritt, keine Ausschuss, keine sichtbaren Pirschzeichen, ausdauernder absolut fährtentreuer Professor auf der Wundfährte gefragt, Loshund unverzichtbar





Keulenschuss bei einem Rotspießer, meist reichlich hellroter Wildbrettschweiß am Anschuss und später Knochenteile in der Wundfährte, dann wenig bis nicht mehr schweißend, mit Sicherheit ist das Stück noch sehr mobil, lange Suche und Hetze zu erwarten


Jeder Anschuss ist anders und es gibt nichts was es nicht gibt. Oft ist man buchstäblich auf
der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und diese Suche darf keinesfalls planlos ablaufen.

Pirschzeichen gibt es immer, wenn ein Geschoss den Wildkörper trifft. Je nach Kaliber und
Projektil sowie dem Sitz des Treffers mal mehr, mal weniger. Einige Pirschzeichen sind
für uns sichtbar, andere wiederum sind nur für unseren Begleiter am Riemen „riechbar“.
Der Nachsuchenführer muss seinen versierten Vierläufer hierzu blind verstehen und lesen
können.
 




Krellschuss bei einem Frischling, am Anschuss wenig hellroter Wildbrettschweiß, meist einzelne Federn und Wildbrettfetzen, starke Eingriffe, eventuell Schleifspuren, nur mit sehr schnellem, scharfen Loshund machbar, welcher in der Lage ist, die gekrellte Sau zu fassen


Das was wir am Anschuss nicht sehen, wird uns der professionell abgerichtete und
eingearbeitete Schweißhund anzeigen!



Wildbrettsteckschuss in der Keule eines groben Keilers, Knochenskelett unverletzt. kein sichtbarer Anschuss, kaum Schweiß, nur mit ausdauerndem, routiniertem Fährtenprofi und wildscharfem Loshund erfolgsversprechend


Der Verein Hirschmann bildet deshalb bereits seit kurz nach der Gründung im Jahr 1894 seine Hundeführer auf speziellen Schweißhundeführerlehrgängen aus.

Ziel dieser Lehrgänge war und ist die Einheit von Führer und Hund sowie die Vermittlung
eines soliden Basiswissens für die tägliche Nachsuchenpraxis.

Denn wer blind hinter seinem Hund durch Wald und Feld herläuft ist auf der Wundfährte
sicher fehl am Platz!


Im Juni 2014 fand im Solling der „50zigste“
Schweißhundeführerlehrgang der „Hirschmänner“ statt. 

Grund genug etwas weiter in der Geschichte
des Verein Hirschmann
zurück zu blättern:






Wir sind im Jahr 1929 und Oberförster Herrmann Müller aus Hahnenklee im Harz gilt
damals wie heute als einer der Altmeister der Schweißhundeführung in Deutschland.


Er brachte seinen „Schülern“ den komplexen Lehrgangsstoff  auf seine eigene, humorvolle
Art und Weise  bei. Seine Verse waren dabei kurz, prägnant und sind auch nach 85!!! Jahren
noch in vollem Umfang gültig. In der kurzlebigen Zeit des 21. Jahrhunderts ein
Phänomen.


Zum Anschuss:
Jung Weidgesell, gib fleißig acht,
am Anschuss such mit Bedacht,
auf „Grün“, Laub, Nadeln, schupp´gen Rinden,
lässt sich´s Schnitthaar wohl leicht finden.
Doch „Dürr“, Laub, Gras und heidebraun,
die lassen es so leicht nicht schau´n.

Zum Schnitthaar:
Rund gedrillt mit schwarzen Spitzen,
auf dem Rumpf, da muss die Kugel sitzen.
Doch ist das Haar ganz platt und ohne Beule,
verlass Dich drauf ist´s von der Keule.
Und ist es weiß, dünn und fein wie Flaum,
kurz weidwund, darauf kannst du  bau´n.
Ganz langes Haar, riesch und gebogen,
vom Halse ist es weggeflogen.
Weißgelb bis weiß das barsche Haar,
die „Hose“ glatt durchschlagen war.
Ganz kurzes Haar, aschfahl und fein,
vom Brustkern oder Lauf wird’s sein.
Gestanztes Haar, ohne Lug und Trug,
die Kugel durch die Decke schlug.

Zum Schweiß:
Hellrot, schaumig, wie „Berliner Luft“ (Preiselbeeren und geschlagene Sahne) mein Junge,
nicht anders rührt er her, als von der Lunge.
Doch ist er dunkel, pladdig, nicht ganz rein,
vom Großgescheide muss er sein.
Ist hellrot, wässrig  dieser aber- dann
kurzweidwund den Schuss sprich an.
Und bist im Zweifel du, ob´s Leber oder Schweiß,
zerreib das Klümpchen mit den Fingern leis.
Sind Körnchen drin, wie winzig feiner Grieß,
ist´s von der Leber, die zurück er ließ.
Liegt hellroter Schweiß im Bogen bei den Fluchten,
auf Berg und Tal und in den Schluchten,
dann ist´s vom Hals -o- armer Wicht,
die Fehlsuch liebt auch „Hirschmann“ nicht.

Zu möglichen Knochensplittern:
Glatt von außen, rund und hart und schwer,
Solch Zeichen rührt vom Laufschuss her.
Doch ist der Knochen leicht, fühlt rauh sich an,
Dann ist er von der „Feder“, mein Jägersmann.
Gestanzter Knochen, zart und krümlich fein,
die Schaufel muss durchschlagen sein.
Sollt „Feist“ auch liegen, knollig, weiß- ich sage,
nur die Nierengegend kommt in Frage.





historische Zeichnung: Schweißhund hetzt kranken Hirsch, Chronik Verein Hirschmann

Auszug aus dem Schweißhundeführerlehrgangsprogramm von Oberförster
Hermann Müller, Hahnenklee/ Harz (1929)

(Chronik Teil 1 des Verein Hirschmann 1884-1980, zusammengestellt von Forstamtmann i.R.
Wilhelm Puchmüller, Springe)










Neuzeit: HS "Ayk" nach erfolgreicher Hetze auf ein Hauptschwein mit Laufschuss








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